Slideshow Startseite

Alleinverschulden des Linksabbiegers bei Kollision mit einem Überholenden

Datum: 
Freitag, 17. Juli 2015 - 13:00
Rechtsgebiet: 
sonstiges

 
Alleinverschulden des Linksabbiegers bei Kollision mit einem Überholenden
 
 
Eine sehr häufige Konstellation bei einem Unfall ist der Zusammenstoß zwischen einem Linksabbieger, der z.B. in ein Grundstück einfahren will, und einem Überholenden.
 
 
Entgegen weitverbreiteter Ansicht ist in dieser vermeintlich „unklaren“ Verkehrssituation und trotz  des Risikos, das durch den Überholvorgang ausgelöst wird, grundsätzlich von einem Alleinverschulden des Linksabbiegers auszugehen.
 
Dies hat so aktuell auch nochmals das LG Hamburg entschieden (LG Hamburg, Urteil vom 23. Januar 2015 – 302 O 220/14).
 
In den Gründen führt hierzu u.a. das Gericht aus:
 
Bei einem Zusammenstoß zwischen einem links in eine Grundstückseinfahrt abbiegenden Kfz und einem in gleicher Richtung fahrenden – den Linksabbieger überholenden – Pkw spricht der Beweis des ersten Anscheins wegen der dem Linksabbieger abverlangten äußersten Sorgfalt für ein Verschulden des Linksabbiegers.
 
Da es zu dem Unfall gekommen ist, lässt sich nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises  darauf schließen, dass der Linksabbieger seinen Sorgfaltspflichten beim Abbiegen nicht gewissenhaft nachgekommen ist.
 
Ein solcher Unfall läuft auf den ersten Blick regelmäßig und typisch nach dem Muster ab, dass der Linksabbieger nicht genügend vorsichtig auf ihn überholende Fahrzeuge achtet und ihnen den Vortritt lässt.
 
Auch den Einwand, dass der Überholende selbst eine „unklare“ Verkehrslage geschaffen hat, lässt das Gericht nicht gelten:
 
 
Eine unklare Verkehrslage gemäß § 5 (3) StVO liegt vor, wenn der Überholende nach den gegebenen Umständen mit einem ungefährlichen Überholvorgang nicht rechnen darf. Und – vereinfacht gesagt – mit einer solchen ungefährlichen Situation braucht der Überholende im Grunde nur dann nicht zu rechnen, wenn nachweislich (!) zuvor der Linksabbieger sich bereits eingeordnet und den Blinker betätigt hat.
 
Für die Praxis bedeutet dies:
 
Dem Überholenden sollte in solchen Fällen stets 100 Prozent des Schadens zugesprochen werden. Versicherungen kürzen hier in aller Regel, weil sie dem Überholenden allgemein ein Mitverschulden anlasten – dies ist so nicht richtig.
 
Im Gegenteil:
 
Die Beweislast liegt nach oben Gesagten eindeutig beim Linksabbieger, der insbesondere den vollen Beweis dafür erbringen muss, dass er ordnungsgemäß, rechtzeitig den Blinker nach links gesetzt hatte. Dieser Vollbeweis wird dem  Linksabbieger so gut wie nie gelingen. Vor diesem Hintergrund sollten sich betroffene Unfallgeschädigte anwaltlich beraten lassen und im Zweifel die Kürzung der gegnerischen Versicherung nicht widerspruchslos hinnehmen.